Wenn langsam die Bindung zum Unternehmen verloren geht…

Wenn MitarbeiterInnen monatelang ohne physische Nähe miteinander aus dem Home-Office arbeiten, geht auf die Dauer etwas Wichtiges verloren: der informelle Kontakt unter den Menschen. Er ist der Kitt, der das Unternehmen zusammenhält und einen wichtigen Beitrag zu Motivation und Produktivität leistet.

Alleine zu Hause – alleine im Büro

In „normalen Zeiten“, also in denen wir nicht mit Einschränkungen durch CVOVID-19 konfrontiert sind, ist das alles kein Problem. Denn Home-Office ist meist eine freiwillige Sache und wir sind verhältnismäßig frei, wie wir die Zusammenarbeit remote gestalten. In Zeiten wie diesen, in denen es Kontaktbeschränkungen gibt, Unternehmen ihre Leute verstärkt ins Home-Office schicken und forcieren, dass diese von zu Hause arbeiten, ist es anders. Zwar ist es immer noch bis zu einem gewissen Grad freiwillig, denn man darf ja grundsätzlich ins Büro gehen, um dort zu arbeiten, aber aufgrund der Kontaktbeschränkungen trifft man in vielen Unternehmen nur sehr vereinzelt auf Leute. Wenn in den Büros niemand ist, wenn die Kaffeeküchen als Kommunikationszentren gesperrt sind, Kantinen geschlossen und eine leibliche Versorgung nur durch Automaten gewährleistet ist, dann kann man ja auch gleich zu Hause bleiben, sagen MitarbeiterInnen. Denn alleine – oder so gut wie alleine – im Büro zu arbeiten bringt für viele keinen erkennbaren Mehrwert – zumindest keinen sozialen. Und gerade diese sozialen Einschränkungen gehen nicht spurlos an den MitarbeiterInnen vorbei. Sie beeinträchtigen dauerhaft die Bindung zur Firma.

Worauf sollten demnach Organisationen achten, damit ihre MitarbeiterInnen sich weiterhin dem Unternehmen verbunden fühlen?

Der informelle Austausch fehlt immer mehr…

Während vielerorts die Leistungsfähigkeit im Home-Office steigt, weil Wege und Pausen wegfallen und alleine dadurch schon mehr gearbeitet wird, beginnt im Gegenzug die Motivation zu sinken. Grund dafür ist der fehlende informelle Austausch untereinander. Ein Austausch, der in den Kaffeeküchen, bei den Rauchpausen, in den Gängen, in der Kantine passiert. Ein Austausch, den man nicht strukturiert steuern kann, weil er zufällig entsteht: man trifft jemand am Gang und spricht ihn oder sie auf ein gerade laufendes Projekt an und fragt nach dem Fortschritt. Dabei erfährt man zufällig, welche Veränderungen es gerade in einem Bereich des Unternehmens gibt. Oder eine andere Situation: in der Kaffeeküche wird das Thema der bevorstehenden Zusammenlegung zweier Abteilungen besprochen. Es wird kritisiert und hinterfragt. Man beschwert sich über die Situation, man lässt Dampf ab und weiß: ich bin mit meiner Meinung nicht alleine. Im physischen Miteinander entsteht eine Spontaneität und Dynamik, die durch Videocalls oder Telefonate nicht ersetzt werden kann.

Spontane und ungeplante Zusammentreffen sowie informelle Informationsweitergabe fallen jedoch weg, wenn jeder für sich von zu Hause arbeitet. Führungskräfte berichten, dass sie zusehends Angst haben, ihre MitarbeiterInnen emotional zu verlieren.

…und auch die informelle Anerkennung

Alleine zu Hause, abgeschnitten vom persönlichen Austausch. Das hat nach den ersten Monaten langsam aber sicher eine gewichtige Auswirkung auf das Zugehörigkeitsgefühl und die Motivation der Einzelnen. Denn was neben der Infoweitergabe beim informellen Austausch im Büro noch dazu kommt, ist die Anerkennung durch KollegInnen. Auch wenn die Führungskräfte vielerorts einen phantastischen Job machen und sich in vielerlei Hinsicht um ihre MitarbeiterInnen kümmern, so brauchen Menschen nicht nur die Anerkennung durch ihre Chefs, sondern auch Feedback von ihren KollegInnen: Aufmunterung in frustrierenden Situationen, Bestärkung, wenn mal etwas nicht so läuft, wie man das gerne hätte, Lob, wenn etwas besonders gut gelaufen ist, Bestätigung, dass es anderen ähnlich geht, wie mir…

Seit dem Lockdown im März 2020 erleben viele MitarbeiterInnen, dass dieses informelle Feedback von jetzt auf gleich auf Null gestellt wurde. „Wenn dieses Feedback langfristig fehlt, dann wird es zum Problem. Denn es schleicht sich das Gefühl ein, dass keiner mehr mitkriegt, was ich tue, woran ich gerade arbeite“, erzählt mir ein Mitarbeiter eines großen österreichischen Unternehmens. Und das hat vor allem auch Auswirkungen auf all jene, die beispielsweise neu im Unternehmen sind und nicht sichtbare werden können oder die Karriere machen wollen und dadurch keine Möglichkeit zur Positionierung haben.

Fixe Anwesenheitsroutinen sind gefragt

All die oben genannten Punkte betreffen vor allem Unternehmen, die keine fixen Anwesenheitsroutinen bzw. in ihren Teams keinen fixen Bürotag pro Woche eingeführt haben, an denen mehrere Personen im Unternehmen sind. Es wäre also sinnvoll für solche Unternehmen nochmal ihre internen Maßnahmen zu prüfen und die Büropräsenz zumindest an 1 Tag pro Woche zu forcieren. Denn so schnell werden die COVID-Beschränkungen nicht gelockert werden, wie es aussieht. Daher haben viele Unternehmen ihre Home-Office Regelungen bis Frühling 2021 verlängert. Das würde dann für die meisten MitarbeiterInnen bedeuten, dass sie im Endefeffekt ein gutes Jahr ohne physischen Kontakt zu ihren Kollegen verbracht haben.

Worauf sollten Unternehmen also achten, um die Bindung ihrer MitarbeiterInnen in Zeiten wie diesen zu fördern?

Sofern es natürlich die COVID-Restriktionen zulassen, ist es wichtig, wieder regelmäßige Kontaktinseln zu schaffen, in denen MitarbeiterInnen einander informell und offline begegnen können. Auch das Öffnen von Kaffeeküchen unter Einhaltung der notwendigen Maßnahmen wäre eine Möglichkeit. Oder informelle Outdoor-Treffen in kleineren Gruppen zu organisieren, in denen man z.B. miteinander spazieren geht.

Der Impact des informellen Austauschs auf Motivation und Produktivität ist nicht zu unterschätzen. Ein dringendes Thema, dem sich Unternehmen und Führungskräfte gerade jetzt aktiv widmen sollten.

karin weigl

Motivationsschub…

Hast du gerade viel zu tun? Hast du das Sommerloch in diesem Jahr gut genutzt?

Welches Sommerloch eigentlich? Ich suche es jedes Jahr vergeblich und habe es noch in keinem Jahr gefunden. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich gerne all jene Themen und Dinge in den Sommer verlege, für die ich mir während des restlichen Jahres zu wenig Zeit nehme. Und dabei ertappe ich mich immer wieder, dass es manchmal gar nicht so einfach ist, zwischen den wichtigen und den dringenden Dingen zu unterscheiden…

Der Sommer ist für dieses Jahr wohl auch temperaturtechnisch endgültig vorbei und eigentlich wäre ich durchaus bereit für ein “Sommerloch” bei all den Dingen, die es zu erledigen gilt. Ist aber keines in Sicht – weil es ja auch nicht mehr Sommer ist. Also schaffe ich Abhilfe und widme mich der Priorisierung – und hole mir einen Motivationsschub.

Wichtig und dringend.

Es gibt Aufgaben, die dringend UND wichtig sind. Das sind all jene Dinge, die Potenzial haben, Stress zu erzeugen. Grund dafür kann sein, dass jemand anderer etwas braucht oder man etwas beitragen soll, damit jemand anderer an einer bestimmten Aufgabe weiterarbeiten kann. Meist sind das auch Dinge, die mit Zeitdruck verbunden sind.

Erfolgsgefühl.

Dann gibt es all jene Dinge, die dringend, aber nicht so wichtig sind. Idealerweise kann man diese an andere delegieren. Bei mir erlebe ich, dass dies oft Aufgaben sind, bei deren Erledigung ich weniger Freude empfinde. Da ist es z.B. gut, wenn ich sie an jemand anderen weitergeben kann, dem sie vielleicht mehr Freude macht, als mir. Bei unseren Kunden beobachte ich immer wieder, dass Menschen Aufgaben nicht delegieren, weil sie meinen, die Aufgabe wäre für andere nicht zumutbar. Oftmals ist aber genau anderes der Fall: eine delegierte Aufgabe kann viel an Motivation erzeugen, an Lernerfahrung und damit auch an Erfolgsgefühl. Wie wäre es, einfach darüber zu reden und zu fragen, wer denn Interesse hätte, eine Aufgabe zu übernehmen – auch wenn es für einen selbst eine Unliebsame darstellt? In meiner Corporate-Vergangenheit war ich oft überrascht, wer sich dann für verschiedene Aufgaben meldete, denn oft hatte ich selbst nie gedacht, dass genau diese Personen an der spezifischen Sache Interesse hätten.

Alles, was wichtig, aber nicht dringend ist, schieben wir oft vor uns her. Denn keiner fragt in der Regel danach und es gibt auch keinen Zeitdruck dahinter. Diese Aufgaben reihen sich dann irgendwann mit fortschreitender Zeit in die „dringend UND wichtig“-Kategorie, wenn sie nicht erledigt werden… Und damit reihen sie sich automatisch in der Prioritätenliste nach vorne.

Motivationsschub.

Und schließlich gibt es jene Dinge, die weder wichtig noch dringend sind. Viele Lehrbücher empfehlen, solche Aufgaben hintenanzustellen. Was mich betrifft, sind das allerdings sehr oft genau die Dinge, die mir Spaß machen. Diese sollten also keine Priorität haben? Auch bei Mitarbeitenden habe ich das in der Vergangenheit erlebt: Aufgaben, bei denen es etwas Neues zu entwickeln gilt, etwas neu zu ordnen oder zu konzipieren ist, haben oft motivierenden Charakter. Ohne diese Aufgaben könnte man wahrscheinlich gut auskommen, wenn alles so bleiben soll, wie es ist. Und genau deshalb darf man ihren Wert nicht unterschätzen. Genau in diesen Aufgaben steckt die Innovationsfähigkeit von Unternehmen, die Kreativität und die Motivation. Denn es gibt keinerlei Druck. Hier darf etwas entstehen, hat etwas Zeit und Raum. Kreativität und Innovation kann man nicht erzwingen. Denn je mehr Druck da ist, desto weniger kann entstehen. Insofern ist es wichtig, solche To Dos nicht vom Radar zu verlieren, sondern ihnen dieselbe Aufmerksamkeit zu geben, wie den anderen Themen, die uns und auch anderen oftmals dringender und wichtiger erscheinen. Denn sie haben großes Potenzial für einen Motivationsschub.

Und was das Sommerloch betrifft, so  kann ich euch nur empfehlen, euch auch im Herbst mal ein „Sommerloch“ zu gönnen, mit druckfreier Zeit zum Durchhängen, für neue Ideen. Motivationsschub garantiert.

Und sollte es sich jetzt gerade nicht ausgehen: der nächste Sommer kommt bestimmt. ;-)

Die Arbeitsmoral im Sterbebett-Test.

„Die heutige Arbeitsmoral ist nicht mehr das, was sie einmal war“ hört man immer wieder. Unter Arbeitsmoral wird dabei landläufig verstanden, sich am Arbeitsplatz um eine gute Leistung zu bemühen.

Brauchen wir Moral um zu arbeiten?

Die Motivation der MitarbeiterInnen zeigt sich angeblich in deren Produktivität. Leistung zu erbringen ist in unserer Gesellschaft ein beinahe allgemeingültiger Wert. Dazu gehört ein Streben nach Wachstum und Erfolg. Will man diesem Streben nicht nachkommen, sich also dem Diktat der Leistung nicht unterwerfen, wird einem rasch ein Mangel an Arbeitsmoral unterstellt. Dabei kommen nicht selten Neid und Missgunst derer ins Spiel, die sich dem Leistungsdenken nicht entziehen wollen oder können.

Arbeitsmoral zu haben ist also auch ein Wert. Und der Begriff Arbeitsmoral bezieht sich dabei vorrangig auf Arbeitnehmer. Einem Arbeitgeber wenig oder keine Arbeitsmoral zu unterstellen kommt selten bis gar nicht vor. Interessanter Aspekt.

Brauchen wir also eine Moral um zu arbeiten, um produktiv zu sein? Oder hat Arbeitsmoral mehr damit zu tun, sich selbst und seine Leistung zu messen und im Vergleich mit anderen zu bestehen?

Im Grunde hat eine hohe Arbeitsmoral nicht zwangsläufig mit einer guten Leistung zu tun. Sie ist nicht output-orientiert, sondern input-orientiert. Sie ist eine gesellschaftliche Messlatte, die bewertet, wie sich jemand in unserer Leistungsgesellschaft verhält. Was Arbeitsmoral bedeutet wird von einer Gesellschaft definiert und zu einem Wert erhoben, dem das Individuum idealerweise zu folgen hat.

Warum tun wir überhaupt etwas?

Motivation ist die Antwort. Und dabei handelt es sich nicht um die finanzielle Karotte, die einem Menschen vor die Nase gehängt wird. Es geht vielmehr um die intrinsische Motivation als persönlicher, individueller Antreiber, etwas zu erschaffen. Motivation von außen ist meist manipulativ und hat einen Zweck. Studien belegen, dass externe Faktoren selten zur Motivation und Steigerung der Arbeitsmoral beitragen, so auch Prämiensysteme oder Incentives. Motivation muss von innen kommen. Was ist also unser persönlicher Treiber für eine Leistung? Die meisten Menschen wollen etwas tun und wollen ihre Energie nutzen, um etwas zu erschaffen, um etwas zu bewegen.

Dort wo Arbeit keine Freude und Erfüllung mehr bringt, dort wo Menschen ausgenutzt werden, wo Systeme krankmachende (Arbeits-)Strukturen vorgeben, wo den Menschen aufgrund von unrealistischen Zielen die Freude an der Arbeit verloren gegangen ist, dort wird von Arbeitsmoral gesprochen. Überall sonst hat dieses Wort keine Bedeutung. Denn dort, wo gerne gearbeitet wird, braucht es auch keine „Moral“, dort gibt es Motivation.

War die Arbeitsmoral früher wirklich besser?

Vielleicht, aber in jedem Fall anders. Die Bewertung von Leistung, die Schnelllebigkeit und der für viele Menschen stattfindende Sinnverlust in der Arbeit haben eine Veränderung gebracht. Das, was früher wahrscheinlich besser war, war der Sinn, den die Menschen in ihrem Tun gesehen haben. Die Menschen hatten auch noch einen anderen Anspruch an Freizeit. Freizeit war damals keine Kompensation für eine unbefriedigende Arbeit. Work/ Life Balance somit kein Thema.

Ist Arbeitsmoral also nach wie vor wirklich ein so erstrebenswerter Wert? Geht es denn nicht vielmehr wieder darum, denn Sinn in seiner Arbeit zu finden und zu sehen um daraus intrinsisch motiviert zu werden?

Welche Aspekte unseres Arbeitslebens werden wir an seinem Sterbebett als wichtig Revue passieren lassen? Wahrscheinlich den Beitrag und den Sinn der durch die eigene Arbeit entstanden ist. Oder würdest du rückblickend deine Arbeitsmoral daran messen, an wie vielen Tagen du länger in der Arbeit geblieben bist oder ob du dich motiviert gezeigt hast, obwohl du es gar nicht warst?

 

Hier noch ein kurzer Youtube-Trailer über den Film Frohes Schaffen.

Fotocredit: fotolia/ turgaygundogdu

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