Damit Leadership „nicht für die Fische“ ist…

Wenn bei uns Menschen jemand die Führung übernimmt, hat das meist mit seiner oder ihrer Persönlichkeit zu tun. Meist sind die, die führen durch eine starke Persönlichkeit bestimmt, die entweder Autorität oder Macht genießt – oder beides. Dazu kommt, dass die, die führen auch von denen, die ihnen folgen, anerkannt werden müssen, um wirksam zu sein. In einer Gruppe oder einem Team gibt es demnach häufig eine Person, die für Entscheidungen die Verantwortung übernimmt und sich – schlimmstenfalls – schützend vor die Gruppe stellt. Wenn eine Gruppe gemeinsam hinter einer Entscheidung oder Vereinbarung stehen soll, dann benötigt es die Einbindung, den Meinungsaustausch und das Gehörtwerden jedes einzelnen Team- oder Gruppenmitglieds.

Geteilte Verantwortung

Das, was bei uns Menschen langsam in Form von Agilität und selbstorganisierenden Systemen Einzug in die Arbeitswelt hält, ist im Fall der Fische überlebensnotwendig und vollkommen natürlich. Kein Fisch hat im Schwarm die Alleinverantwortung. Denn obwohl es in einem Fischschwarm ebenso klar erkennbare Führende wie Folgende gibt, kann man beobachten, dass sich Fischschwärme bei Bedrohungen neu formieren und organisieren: die Verantwortung wird geteilt. Dabei tauschen die Führenden mit den Geführten immer dann die Rollen, wenn es sinnvoll ist und einen Nutzen bringt. Das gilt vor allem für Situationen, in denen die Schwärme bedroht und gefährdet sind. Für die reine Futtersuche braucht es diese Form der Reorganisation nicht. Die Fische sind dabei am effektivsten, wenn sie ihren individuellen Rollen treu bleiben können.

Schwarmfische regulieren außerdem automatisch ihre Distanz zum Nachbarn. Wird diese zu groß, schließen sie sofort auf. Wird sie zu klein, passen sie ihre Geschwindigkeit an die anderen an. Ein spielerisch fließender Vorgang.

Intelligenter Schwarm

Untersuchungen zeigen, dass sich Fische die Schwarmintelligenz zu Nutze machen, um einander leichter und effizienter zu steuern. Dazu gibt es mehrere wissenschaftliche Untersuchungen, wie z.B. die von Jens Krause am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin. Er hat sich mit der Entscheidungsfindung im Fischschwarm auseinandergesetzt und setzte dabei einen Roboterfisch ein, der seinen Fischprobanden sehr ähnlich sah. Gesteuert von Menschenhand, hatte der Roboter die Aufgabe, den Fischschwarm in seinen Entscheidungen zu beeinflussen. Der Roboterfisch sollte die Fische durch sein abweichendes Verhalten dazu zu bringen, sich von der Futterquelle zu entfernen. Die aufgezwungene Verhaltensänderung funktionierte mit zwei Fischen wunderbar, jedoch nicht mehr mit einem Schwarm von 10 und mehr Fischen.

Je größer der Schwarm, desto stabiler also die Entscheidungen: damit verhindern die Fische, dass die Fehlentscheidung, die möglicherweise durch die äußerliche Beeinflussung eines oder zweier Kameraden zustande kommt, den ganzen Schwarm ins Verderben führt.

Präsenz

Auch bei uns Menschen hat die Größe und Stabilität der Gruppe oder des Teams einen Einfluss auf die Art und Weise, wie Entscheidungen getroffen werden. Dazu kommen allerdings noch zwei wesentliche Faktoren: Präsenz im Jetzt und Zeit. Zeitdruck wirkt sich kontraproduktiv auf stabile Gruppenentscheidungen aus. Unter Zeitdruck kann es passieren, dass wir schon mehr im nächsten Termin oder den nächsten Aufgaben sind, als im Jetzt. Präsent im Jetzt zu sein und sich auf andere einzustellen, mit der Dynamik ein Stück weit “mitzuschwimmen” ist eine Voraussetzung, um zu nachhaltig gelebten Gruppenvereinbarungen zu kommen. Jeder einzelne ist dabei gefragt, in die Eigenverantwortung zu gehen und in diesem Sinne Leadership zumindest für sich selbst zu übernehmen.

Es ist also essenziell, sich Zeit zu nehmen, um ein gemeinsames Verständnis von Inhalten, Begrifflichkeiten und Sachlagen herzustellen, damit die Entscheidung von allen WIRKLICH verstanden und mitgetragen werden kann und damit nachhaltig ist. Und das ist meist schwer, wenn enge Zeitkorsetts vorgegeben sind. Dann braucht es eine straffe Struktur, aber das an einer anderen Stelle in diesem Blog.

Im Fluss

Wenn Leadership “nicht für die Fische” sein soll, ist es wichtig, einfühlend und präsent in Gruppenprozesse zu gehen, die Geschwindigkeit anderer wahrnehmen und sich darauf auszurichten, sich manchmal anzupassen, im Fluss mit dem, was ist, zu sein. Nur die Meinung, Sachlagen und Inputs derer zu hören, die lauter als andere und schnell in ihren Wortmeldungen, persönlichen Entscheidungen und Lösungen sind, bergen die Gefahr, andere in der Gruppe inhaltlich und vor allem emotional zu verlieren. Und wenn das passiert, ist es wohl nachvollziehbar, dass Entscheidungen und Vereinbarungen nicht tragfähig sind. Und somit die investierte Zeit und eingebrachte Energie dann wohl “für die Fische” war.

Führung in Zeiten der Digitalisierung

Eine Nachlese zur Wiener Leadership Night am 12.09.17 im Looshaus in 1010 Wien

Die Frage ist längst nicht mehr, ob sich unsere Arbeitswelt grundlegend verändert, sondern vielmehr wie wir mit dieser Veränderung umgehen wollen. Arbeit bedeutet für viele Menschen Identität und Selbstwert. Insofern stellt sich auch die Frage, was passiert, wenn sich Arbeit neu definiert. Die neuen Technologien werden darauf einen großen Einfluss haben und damit Organisationen und Führungskräfte vor neue Herausforderungen stellen.

Was ist unsere digitale Leitkultur?

„Was technisch möglich ist, wird auch gemacht werden und deshalb müssen wir in der IT auch die Verantwortung übernehmen“, begann Ingrid Kriegl, Geschäftsführerin der Sphinx IT Consulting die Diskussion bei der Wiener Leadership Night am 12. September 2017. Daher sei es auch die moralische Verpflichtung, sich als IT-ExpertInnen auch mit den Folgen verantwortungsbewusst zu beschäftigen. Dabei geht es vor allem auch um die ethische Verantwortung all jener, die die neuen technischen Errungenschaften in die Welt bringen. Silicon Valley ist die Leitkultur und die Frage ist, ob wir das z.B. in Europa so hinnehmen wollen. Wie der Genetiker an der DNA arbeitet, arbeitet die IT an der DNA eines Unternehmens. Das ist erst dadurch möglich geworden, weil sich die Wirkungsfelder  der IT maßgeblich verändert haben und die IT damit eine neue, strategische Position in den Unternehmen einnehmen sollte und auch bereits vielerorts einnimmt.

Andreas Hieger, Mitglied der Geschäftsführung der Qualysoft GmbH sieht, dass von vielen Seiten Hoffnungen auf die neuen Technologien gesetzt werden. Für ihn ist es wichtig, dabei auch die Folgenabschätzung nicht zu vergessen. Insofern stellt sich die Frage, ob es richtig ist, den Fokus in den Unternehmen vorrangig auf die technologische Entwicklung zu richten. In seinen Augen ist es essenziell für Unternehmen, den Menschen in diesem Prozess nicht aus den Augen zu verlieren. Die maßgeblichen Kompetenzen für Führungskräfte werden daher künftig vor allem Empathie und das Meistern von Komplexität sein.

Müssen Führungskräfte IT-affiner werden?

Ja, allerdings überlegen viele Unternehmen nicht, wie sie mit den digitalen Tools Probleme, die ihnen ihre Kunden aufzeigen lösen oder ein besseres Service anbieten können, meint Ingrid Kriegl. Sie kaufen neue Technologien – wie z.B. Watson – und überlegen erst danach, was sie damit tun könnten, anstatt vice versa. Das Motiv ist oft mehr der Druck von außen, als ein konkretes Bedürfnis, das zu lösen ist. Möglichst gut Schritt zu halten sei einer der größten Treiber für Organisationen, weil sie befürchten, andernfalls ihre Position am Markt zu verlieren.

Wie kann eine Organisation sich auf die veränderten Anforderungen vorbereiten?

„Die Führungskraft ist nicht die allwissende Instanz, daher ist es wichtig, die MitarbeiterInnen in Entwicklungen und Entscheidungen einzubeziehen“, sagt Ingo Oberortner, Geschäftsführer des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Rechenzentrums, und berichtet von der neuen Qualität der Zusammenarbeit, den seine Organisation durch die kontexten-Methode in den letzten eineinhalb Jahren erlebt hat. In dem sich jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin in diesem einfach strukturierten Prozess seinen/ihren Nöten stellt, entsteht eine gegenseitige Offenheit, die eine neue Qualität des Vertrauens und damit der Zusammenarbeit in der Organisation geschaffen hat. Der Entwicklungsprozess ist natürlich noch nicht zu Ende, aber für ihn und alle anderen persönlich sehr bereichernd, wenn auch vor allem am Anfang nicht immer so einfach.

Welche Rolle kommen modernen Technologien – Stichwort Blockchains – im Zuge der Digitalisierung zu?

Die Digital Business Beraterin Anita Posch meint, dass es vor allem die Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Transaktionen sind, die künftig einen wesentlichen Einfluss haben und Veränderungen ins Wirtschaften und Geschäftemachen bringen werden. Heute spüren Unternehmen anhand von Social Media Aktivitäten schon sehr unmittelbar, welche Folgen ihr Tun bei ihren Kunden hat. Der Feedbackprozess aus dem Markt ist sehr direkt und umgehend. Daher sollten Unternehmen Social Media Aktivitäten unbedingt strategisch betreiben.

Der Abend entwickelte sich in eine anregende Diskussion unter allen Teilnehmenden, mit der Conclusio, dass sich Führung durch die die Digitalisierung nicht grundlegend ändern wird, aber es verstärkt darauf ankommen wird, Menschen „lesen“ zu können und deren Potenziale zu erkennen und aktiver zu nutzen als es bisher oft der Fall ist. Die Diskussionsrunde schloss mit einer Empfehlung von Andreas Hieger und Anita Posch an alle, die noch keine Bitcoins besitzen, sich mal um einen kleinen Betrag welche zu kaufen. Einfach, um zu beobachten, was passiert und sich mit diesem Thema vertraut zu machen.

Fotocredit: Wiener Leadership Kongress/ Simone Rack

Autorität haben oder sein?

Beim Wiener Leadership Breakfast am 12. Jänner 2018 stand der Begriff „Autorität“ im Mittelpunkt. Ein Begriff, der in unserer Gesellschaft oft wenig positiv belegt ist. Interessanterweise ist aber der lateinische Wortstamm alles andere als negativ. Vom Lateinischen „augere“ kommend, was so viel wie „vermehren, fördern“ bedeutet geht es bei diesem Begriff weniger darum, jemanden „klein zu halten“, als vielmehr andere zu Wachstum zu fördern.

Innen und Außen
Autorität besteht für mich aus 2 Faktoren: einem inneren und einem äußeren Faktor. Der innere Faktor hat mit der individuell gefühlten Sicherheit, Kompetenz und Stabilität eines Menschen zu tun. Zu den äußeren Faktoren gehören vor allem das Umfeld, das Autorität zulassen muss sowie die Beziehung, in der Menschen zueinander stehen. Autorität kann erst entstehen, wenn sich ein Mensch in sich sicher fühlt oder wenn er sich kompetent für ein Thema fühlt. Daraus entsteht folglich eine Klarheit, die dieser Mensch ausstrahlt und die andere wahrnehmen können. Viele von uns lehnen „Autoritäten“ ab, weil wir damit „Macht“ verbinden oder Angst haben, uns vielleicht auch gegen unseren Willen unterordnen zu müssen. Und das kann auch durchaus Angst vor einem eigenen Autoritätsempfinden sein.

Entweder, weil wir gelernt haben, dass das eine negative Eigenschaft ist und „so“ nicht sein wollen, also mit unserer vermeintlich „dunklen“ Seite nicht konfrontiert werden wollen. Dabei sind Autorität und individueller Machtanspruch bei weitem nicht dasselbe, auch, wenn wir oft eine Vermischung beider Aspekte erleben und beobachten können. In einer Welt ohne Autoritäten (ohne Machtanspruch oder Tendenz diese auszunutzen) wären die meisten Menschen orientierungslos.

Empathie und Autorität
Das sieht man vor allem in Krisen. In der Krisenintervention gibt es zwei Grundsätze nach denen gehandelt wird: Autorität und Empathie. In Krisensituationen braucht es also beides: jemand, der einfühlsam ist und jemand, der die Richtung vorgibt und Entscheidungen trifft. Das ist deshalb erforderlich, weil Menschen in Krisensituationen meist den Kontakt zu sich verloren haben und damit das Gefühl von Stabilität und innerer Sicherheit. Dann braucht es Autoritäten, die die Führung übernehmen. Ob diese Autoritäten dann als Wegweiser akzeptiert und angenommen werden, ist immer eine individuelle Entscheidung des einzelnen. Da sind wir wieder beim Einfluss des Umfelds und der Beziehung zueinander, ob Autorität zugelassen wird.

Was kann Autorität untergraben?
Weiters sind wir der Frage nachgegangen, was denn Autorität untergraben kann.  Dabei sind wir auf unser individuelles Verhalten gestoßen. Wenn wir uns selbst belächeln, oder nicht ernst nehmen, wenn wir uns durch unsere Sprache und unser Verhalten klein machen oder aus dem Ego heraus sprechen und handeln, um uns anderen überlegen zu fühlen, dann schwächen wir unsere Wirkung ab. Wir sind zum Schluss gekommen, dass Klarheit – als Ausstrahlung, aber auch sprachlich – wohl einer der Kernfaktoren ist, um als Autorität wahrgenommen zu werden. Damit sind wir beim Begriff der „natürlichen Autorität“, also der Kraft und Stärke, die von innen kommt und die keine äußeren „Machtinsignien“ benötigt.

Die Lösung ist also, dass wir aufzuhören uns zu messen, dass wir glauben, besser/ wichtiger/ machtvoller sein zu müssen, als andere. Wahrscheinlich hat das immer noch mit Darwins Erkenntnis, dass der Stärkere überleben wird, zu tun. Dass diese Erkenntnis aber mittlerweile seitens der Zellforschung widerlegt ist, ist auch bekannt: derjenige, der am flexibelsten ist, wird überleben. Also wird es künftig viel wichtiger sein, eine eigene, innere Stabilität zu entwickeln. Diese dient als persönlicher Anker und ist damit die Grundlage, sich flexibel auf Menschen und Situationen einstellen zu können.

Ohne Autoritäten geht es nicht. Und jeder und jede kann eine Autorität für etwas oder jemand sein, wenn er oder sie das will.

Karin Weigl

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