Zwischen Schein und Sein: Überlegungen zum Begriff „Status“

Status – aus dem Lateinischen – bedeutet „Zustand“ oder „Lage“ bzw. ein „aufrechtes Stehen“. Landläufig werden mit dem Wort Status allerdings auch eine Form von Rang und dazugehörige Symbole verbunden.

 

Status, Reputation und Image

In einem unserer Wiener Leadership Breakfasts haben wir uns dem Begriff Status gewidmet und ihn unter die Lupe genommen. Dabei sind wir auf zwei Unterscheidungen gestoßen: den Status, der jemandem zugeschrieben wird und der Status, den man sich selbst gibt. Dass muss nicht immer deckungsgleich sein.

Beim Status, der einer Person zugeschrieben wird, unterscheidet man zwischen der Reputation und dem Image. Die Reputation basiert auf Fakten, Kompetenzen sowie Handlungen und fachlichen Erfahrungen – also in Form eines Expertenstatus, während das Image mehr mit einem Bild, das jemand von sich erzeugt bzw. mit Zuschreibungen anderer zu tun hat. Eine Reputation kann auch aus Weisheit und Lebensalter resultieren. Das Image, im Unterschied, basiert nicht auf Fakten oder Kompetenzen, sondern vielmehr auf Wahrnehmungen, Projektionen und Bildern, die von anderen Personen erzeugt werden oder die man selbst erzeugt. Ein Image aufrecht zu erhalten kostet Energie. Und oft resultiert aus diesem Energieaufwand dauerhaft kein befriedigender Gewinn.

 

Der gute Schüler der noch nie ein guter Schüler war.

Wenn ein Lehrer eine neue Klasse übernehmen muss, dann wird er im Vorfeld von anderen Lehrern gebrieft: zum Beispiel wer Klassenbester sei, wer am meisten störe oder wer der Schlechteste sei. Ganz egal, ob diese Informationen stimmen oder nicht, bleibt beim Lehrer eine Zuschreibung, ein Image über diese jungen Menschen zurück. Die genannten Schüler bekommen einen Status verpasst und beginnen im Laufe der Zeit diesen Zuschreibungen gerecht zu werden, weil sie auch dementsprechend behandelt werden. So kann es sein, dass ein Schüler plötzlich das Image eines guten Schülers hat, obwohl er bis dahin vielleicht nur Durchschnitt war. Über die Zeit kann es dann passieren, dass er seine Leistung auch deutlich steigert, weil er entsprechend behandelt wird. Natürlich funktioniert das auch in die andere Richtung: also schlechter zu werden, weil man so behandelt wird.

 

Werte, Symbole und Kontext.

Wenn wir über Status sprechen geht es auch um die Werte einer Gesellschaft. Diese Werte sind auch durchaus kulturell unterschiedlich und mit unterschiedlichen Symbolen verbunden. Während es z.B. in Mitteleuropa – und v.a. in Österreich – sehr wichtig ist, welcher Titel oder welche Positionsbezeichnung auf der Visitenkarte einer Person steht, so mag es in anderen Kulturen um andere Werte, wie zum Beispiel die Größe der Familie, gehen. Der Kontext spielt eine große Rolle, und bestimmt, welche Symbole einen „Status“ sichtbar machen. Das kann also auch bedeuten, dass Statussymbole in einem anderen Land mit anderem kulturellen Kontext nicht als solche erkannt werden und damit wirkungslos sind. Oftmals passen Menschen auch ihre Statussymbole an den Kontext an, in dem sie sich bewegen, um nicht ausgeschlossen zu werden.

 

Zwischen Schein und Sein.

Hinter dem Bedürfnis nach Status und Statussymbolen steht in der Regel ein Selbstwert-Thema: das Ego will mithilfe von Symbolen etwas zeigen, was es alleine nicht verkörpert oder verkörpern kann.

Menschen wünschen sich Klarheit. Rollen und Titel kreieren diese Klarheit durch Erschaffen eines Status – vor allem in Systemen wo es um Entscheidungsbefugnisse geht. Und ein Statussymbol transportiert diese Rollen und Titel auch nach außen. Wenn diese Rollen, Titel und Symbole wegfallen – beispielsweise aufgrund von Jobverlust oder Pensionierung – erleben viele Menschen plötzlich einen Identitätsverlust. Das kann sehr schmerzhaft sein.

Brauchen wir Statussymbole, um „jemand zu sein“ und „dazu zu gehören“ oder können wir dauerhaft nicht besser und leichter „aufrecht stehen“, wenn wir authentisch sind? Wann ist es Schein, was ist es Sein?

 

Fotocredit: fotolia.com

Erfolg ist…?

Tabuthema?

Wenn man Gespräche über Erfolg ein bisschen näher unter die Lupe nimmt, dann kann man oft heraushören, dass Menschen sich scheinbar für ihre Errungenschaften rechtfertigen, oder sie gar kleiner machen. Das hat in unserem Wiener Leadership Breakfast am 9.2.2017 zum Thema „Erfolg“ gleich zu Beginn die Frage aufgeworfen ob „Erfolg“ denn gar in manchen Kreisen ein Tabu-Thema sei. Kann es also auch sein, dass jemand, der von sich aus behauptet erfolgreich zu sein, es schwerer haben kann, eine Beziehung zu anderen aufzubauen? Je nachdem, wie das gegenüber dem Thema Erfolg gegenübersteht. Empfindet sich das Gegenüber als nicht erfolgreich, kann das schon eine negative Auswirkung auf den Beziehungsaufbau haben. Andererseits gibt es Menschen, die die Nähe erfolgreicher Menschen suchen, um von ihnen etwas lernen oder mitnaschen zu können.


Ist Erfolg etwas Gutes?

Erfolg ist etwas, von dem die meisten glauben, dass es etwas Schönes ist. Und so wird gerne wohlwollenderweise für ein Vorhaben „viel Erfolg“ gewünscht. Manche empfinden diesen Wunsch aber auch als bedrückend, in dem sie das Gefühl haben, die Diktion von Erfolg des anderen aufgedrängt zu bekommen. Warum nicht nur einfach „ein gutes Ergebnis“ wünschen?

Das bringt uns dann allerdings zur grundsätzlichen Frage: was bedeutet denn der Begriff „Erfolg“? Wikipedia sagt, es geht um das Erreichen selbstgesetzter Ziele. Die Frage ist, wo diese Ziele ihren Ursprung haben. Ob es Ziele sind, die aus meinem ureigenen Antrieb kommen oder Ziele, die wir aufgrund von Prägungen glauben, erreichen zu müssen. Ein spannender Gedanke sind dazu drei Prägungen, die unser Verhalten und unsere individuelle Definition in Bezug auf Erfolg wesentlich beeinflussen:

“Leistungsmenschen” sind Menschen, die von klein auf gelernt haben, dass sie dann Aufmerksamkeit bekommen, wenn sie etwas für andere (!) geleistet haben. Die individuelle Erfolgsdefinition dieser Menschen wird sich demnach vorrangig an ihrer Unterstützung für andere ausrichten. Selbst neigen sie dazu, gerne in den Hintergrund zu treten.

Die „Gefallen“-Menschen sind jene, die anderen gefallen wollen und ihre Definition von Erfolg hat viel mit Aufmerksamkeit und Feedback zu tun.

Die “Widerstand”-Menschen sind jene, die gerne provozieren und in Widerstand gehen. Ihren Erfolgsfaktor machen sie daran fest, wie sehr sie andere dazu zwingen, neue Wege beschreiten oder Provokation hervorrufen, in dem sie z.B. Spielregeln brechen.


Quantitativ oder qualitativ erfolgreich?

Landläufig heißt es – und das wird auch in einigen Studien, wie z.B. der Marshmallow-Studie so dargelegt – dass Disziplin und Geduld wesentliche Faktoren für Erfolg sind. Und das wird auch von vielen erfolgreichen Menschen bestätigt. Außerdem braucht Erfolg ein Ziel und einen Maßstab, an dem das Gelingen einer Sache gemessen werden kann. In unserer heutigen Leistungsgesellschaft wird Erfolg häufig an quantitativen Faktoren gemessen. Sei es Umsatz oder Marge, sei es Mitarbeiterzahlen (also Unternehmensgröße) oder Führungsspanne, sei es das persönliche Salaire oder die Größe des Autos. Qualitativer Erfolg ist jedoch für das Individuum langfristig viel erfüllender: wenn wir unsere Kinder zu selbstbestimmten und freudvollen Menschen heranwachsen sehen, wenn das erste, selbstgepflanzte Gemüse im Garten reift oder wir uns in einem persönlichen Thema aus der Komfortzone bewegt haben…

Wie auch immer die individuellen Sichtweisen auf Erfolg seien mögen, so trifft in jedem Fall folgender Ausspruch den Nagel auf den Kopf:

“Erfolg dem folgt, der sich selbst folgt.“
(unbekannt)

 

Fotocredit: gratisography.com

Start in den Herbst: Nachlese zum 2. Wiener Leadership Breakfast

Wir sind zurück nach der Sommerpause – und gestern mit einem kraftvollen Business Breakfast in den Herbst gestartet! Diesmal ging es bei der morgendlichen Runde zu Kernthemen einer neuen Führungswelt um die Begriffe ‚Leistung und Zielerreichung‘.
Als Einstieg wollten wir von den Teilnehmenden wissen, was sie mit dem Begriff ‚Leistung‘ verbinden, was sofort eine engagierte Gesprächsrunde eröffnete: Die eine Seite von Leistung ist aus Erfahrung oft negativ besetzt, verbunden mit Druck, Arbeit, Muss, Leistungsmessung nach leblosen Zahlen. Zitat: „Die Menschen haben ihr Gefühl verloren.“ Die andere, positive Seite von Leistung speist sich oft aus dem Sport, verbunden mit Freude und dem Feiern von Erfolgen.
Die Gesprächsrunde war sich einig, dass diese positive Seite von Leistung in der Unternehmenswelt spürbar werden kann, wenn der Mensch als Ganzes einbezogen wird, wenn seine Fähigkeiten erkannt und eingesetzt werden, Geld nicht als endgültiger Motivationsfaktor dient und Ziele gemeinsam und selbstständig entwickelt werden. Gemeinsame Ziele entstehen u.a. durch gute Zusammenarbeit und Einbindung des kollektiven Wissens in einem förderlichen Umfeld und ethischen Rahmen. Es geht um die erneute „Verbindung zwischen Leistung und dem eigenen Gefühl“.
Eine Umstellung einer Organisation auf solch eigenverantwortliche Umfelder mit neuen Entscheidungsprozessen – andiskutiert wurden auch Modelle der Soziokratie und Holacray – bringt viele Stolpersteine und Konfliktherde mit sich und erfordert Zeit und – vor allem – persönliche Entwicklung aller Beteiligten sowie die Auseinandersetzung mit dem eigenen Ego. Doch es lohnt sich. Die zunehmenden Praxisbeispiele gelungener Transformation zeigen, was möglich ist: weniger ‚arbeiten‘, mehr ‚leisten‘ und damit eine insgesamt größere Wirkung erzielen, in wirtschaftlicher wie menschlicher Hinsicht. Denn Erfolg entsteht aus menschlichem, nicht aus wirtschaftlichem Wachstum.
Herzlichen Dank an alle Teilnehmenden für ihre offenen und Mut machenden Beiträge! Wir freuen uns auf weitere Events mit diesem Spirit. Das nächste Leadership Breakfast findet als Special in den Räumen von Microsoft Österreich statt: am 1. Oktober, 8:15 Uhr.

 

Flipchart WLSB SEptember

Nachlese zum 1. Wiener Leadership Breakfast: Es geht um Vertrauen und Kommunikation

Am 9. Juli war es soweit: Unser 1. Wiener Leadership Breakfast hatte eine Gruppe engagierter Führungsdenker und Frühaufsteher im Café Lutz in Wien versammelt.

Nach einer persönlichen Begrüßung interessierte uns die Frage, welche Vorstellungen von Führung hier am Frühstückstisch zusammensaßen. Eine leicht abgewandelte Form der 635-Brainwriting-Methode brachte folgende Antworten auf die Frage „Welche Begriffe verbinde ich mit dem Thema Führung?“:

Dialogfähigkeit, Rahmenbedingungen, Vertrauen, Zieldefinition, Mitarbeiter bewegen, dienen, Motivation, Orientierung, loslassen, soziale Verantwortung, Vorbild, Autorität, Wachstum, Struktur, Teamspirit, Authentizität, Verlässlichkeit, Freiraum geben, Vertrauen, Emotion, Einbindung Mitarbeiter, gemeinsame Ziele, upward leading, Vertrauen

Fällt Ihnen etwas auf?
Richtig. Es gab ganz genau einen Begriff, der mehrfach, nämlich dreimal genannt wurde: Vertrauen. Was lag näher als die folgende Diskussion mit der Frage zu eröffnen „Müssen Führungskräfte alles im Griff haben?“

 

IMG_2193

Kurzprotokoll der Diskussionsthemen

Es wurde ziemlich schnell klar, dass sie nicht alles im Griff haben müssen oder können. Es stellte sich also die Frage, was im Griff zu behalten sei, wofür Verantwortung bestehe, z.B. Ziele und Orientierung, Rahmenbedingungen und Spielregeln, die Reaktion auf Unwegbarkeiten. Einigkeit bestand darüber, dass diese Fragen sehr brachen- und organisationsabhängig zu beantworten sei. Wissensdurst bestand hinsichtlich der Frage, wie eine Kultur des Vertrauens überhaupt zu ermöglichen sei.

Es wurden Unterschiede zwischen Führung, Management, Steuerung und Leadership erörtert. Auch stellte sich die Frage, wer denn die Führungskraft sei. Wenn sich Führungskräfte dadurch auszeichnen, dass sie ‚Entscheidungen treffen‘, was wird dann aus dem Bild der Führung in partizipativen Organisationsmodellen?

Insbesondere dort – aber nicht nur dort – steigt das Mittel der Kommunikation zum wichtigsten Führungsinstrument auf. Es geht um Formen der Kommunikation aber auch um Inhalte von Kommunikation zur Schaffung von Transparenz. Der Gedanke „Wer nicht kommuniziert, der ist nicht existent.“ wurde von einem Teilnehmer als für ihn wichtigsten Gedanken des Morgens deklariert.

Viele weitere Aspekte konnten wir in der kurzen Zeit leider nur anreißen. Aber wir freuen uns über die Wirkung dieses morgendlichen Teasers, die ein Teilnehmer folgendermaßen kommentierte: „Ich bin jetzt frisch und motiviert für den Tag“.
Ein großes Dankeschön an alle Beteiligten, die so inspiriert diskutiert haben!

 IMG_3108

Das nächste Leadership Breakfast findet nach der Sommerpause statt am Donnerstag, 10. September, wieder 8:15 Uhr im Café Lutz.

 

Laufend frisches Fischfutter erhalten.

Willst du auch laufend mit frischem Leadership-Fischfutter versorgt werden statt nur mit Fliegen zu fischen?

Dann wirf hier dein eMail-Netz aus und lass dich überraschen, welchen Fang du an Land ziehen wirst. Wir versprechen Leadership-Inhalte mit Tiefgang statt seichter Themen. Denn wer nur an der Oberfläche bleibt, weiß nicht, was darunter schwimmt. Um in stürmischen Zeiten gemeinsam auf der Welle zu schwimmen, laden wir auch regelmäßig zu unseren Leadership Dialogen ein. Angebissen?

Wir freuen uns, wenn du auch Teil unserer Community wirst.

You have Successfully Subscribed!